Mündliche Arbeitsaufträge

Beispielvideo

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Auch ein vorab gut überlegter Arbeitsauftrag bietet noch keine Garantie, dafür, dass er im Unterricht verständlich gestellt wird.

Bei mündlich gestellten Arbeitsaufträgen können drei typische Fehler verhindern, dass die Schüler wissen, was sie machen sollen.

Fehler 1 Der Arbeitsvorschlag wird vom Lehrer in eine allgemeine Unruhe hinein formuliert.

Die Folge: Die wenigsten können ihn überhaupt akustisch verstehen.

Fehler 2 Während der Formulierung des Auftrags beginnen einige Schüler sofort damit, den zuerst genannten Aufforderungen nachzukommen (z.B. Arbeitsutensilien aus dem Ranzen zu kramen).

Die Folge: Diese Schüler hören dem weiteren Auftrag nicht mehr zu und wissen dann nicht, wie es weitergehen soll; als Nebeneffekt produzieren sie durch Stühlerücken, Kra- men in ihren Schultaschen etc. soviel Lärm, dass auch die anderen Schüler das Weitere nicht mehr verstehen können.

Fehler 3 Die sprachliche Formulierung und einzelne Begriffe sind den Schülern teilweise nicht geläufig.

Die Folge: Die Schüler verstehen nur bestimmte Aspekte des Auftrags.

Jeder dieser drei Fehler kann dazu führen, dass die Schüler nicht (genau) wissen, worum es geht. Einige haben schon angefangen, andere schauen ratlos in die Gegend, wieder andere fragen mehr oder weniger leise ihren Nachbarn, was sie tun sollen. Die Lehrkraft muss nun von Tisch zu Tisch gehen, um einzelnen Schülern den Arbeitsvorschlag oder zumindest Teil- schritte noch einmal zu erklären. Gerade solche Phasen, in denen alle Schüler den Auftrag bekommen haben, etwas zu bearbeiten, viele jedoch nicht genau wissen, was sie tun sollen, sind besonders störanfällig. Die Störanfälligkeit potenziert sich dadurch, dass die Aufmerk- samkeit des Lehrers vom Klassengeschehen zeitweise abgezogen ist, weil er sich ja immer wieder mit einzelnen Schülern befassen muss. Das wiederum verlängert für die anderen die Dauer der vom Lehrer erzeugten Wartezeit und 'verbessert' die Gelegenheit für Nebentätigkei- ten der Schüler, wodurch sich für den Lehrer neue Probleme ergeben — ein Teufelskreis.

Nicht weniger problematisch sind Versuche des Nachbesserns von nicht verstandenen Ar- beitsaufträgen durch Ansage an alle: „Halt - halt - halt - Stopp! Legt eure Sachen noch mal hin und hört noch mal zu, ich muss euch noch etwas erklären!“. Oftmals werden dadurch selbst diejenigen Schüler behindert, die eigentlich weiterarbeiten könnten, weil sie das Gesag- te bereits verstanden habe. Auch sie müssen ihre Arbeit unterbrechen, untätig herumsitzen und warten. Sie sind „Opfer“ einer vom Lehrer produzierten, „didaktisch verschuldeten Schü- lerarbeitslosigkeit“ (so der ehemalige Hannoveraner Schulpädagoge Roland Narr).

Wie immer man auch als Lehrer reagiert, ein nicht verstandener Arbeitsvorschlag hat zu- meist ungünstige Konsequenzen, die man anschließend schwer zufriedenstellend auffangen kann.

Erfahrene Lehrer sind beim Stellen von Arbeitsaufträgen mit solchen und ähnlichen Prob- lemen mehr als einmal konfrontiert worden und haben ihre diesbezüglichen Erlebnisse meist konstruktiv gewendet. Indem sie eine ganz bestimmte Abfolge von Schritten einhalten, be- mühen sie sich darum, dass möglichst alle Schüler den Arbeitsvorschlag ohne größere Verzö- gerungen angehen können. Das folgende Beispiel zeigt, wie man in der Primarstufe beim Stel- len von Arbeitsaufträgen vorgehen kann. Diese Vorgehensweise ist eine Art Grundmuster, das entsprechend den situativen Bedingungen zu modifizieren ist.

  1. Die Lehrerin fasst in einer bestimmten Situation den Vorsatz, einen Arbeitsvorschlag zu stellen.
  2. Sie prüft und stellt ggfs. sicher, dass Ruhe und Aufmerksamkeit der Schüler gewährleistet sind.
  3. Dann formuliert sie den Auftrag relativ leise, aber langsam und betont sprechend.
  4. Sie bittet einen Schüler, den Auftrag wörtlich zu wiederholen bzw. vorzumachen, und war- tet einen Moment.
  5. Sie nimmt dann ggfs. einen weiteren Schüler dran, der den Auftrag wiederholt bzw. noch einmal vormacht.

Wenn die Lehrerin ihre Schüler gut kennt, ruft sie nicht irgendeinen Schüler auf, und schon gar nicht einen von denen, die sich sofort melden. Diese Schüler bekommen in der Regel jeden Arbeitsvorschlag mit — auch wenn es noch so laut und chaotisch zugeht. Sie wartet vielmehr — auch wenn 'kostbare' Unterrichtszeit verstreicht —, bis sich auch die Schüler melden, die erfahrungsgemäß meist nicht so genau mitbekommen, was zu tun ist. Denn erst, wenn einer von diesen Schülern den Arbeitsvorschlag wiedergegeben hat, kann die Lehre- rin ziemlich sicher sein, dass er von den meisten anderen wohl auch verstanden worden ist.

6. Erst nach der erfolgreichen Wiederholung des Auftrags durch einen (oder ggfs. mehrere) Schüler gibt sie das Signal, mit der Ausführung zu beginnen.

Diese sechs Schritte lassen sich nicht einfach schematisch abarbeiten. Wie die Lehrerin sie umsetzt, hängt von der jeweiligen Situation ab:

  • Es kann erforderlich sein, länger bei Schritt 2 zu verweilen, weil es nicht auf Anhieb gelingt, die notwendige Ruhe zu erhalten.
  •  Die Lehrerin sieht sich bei Schritt 4 genötigt, einen zweiten Schüler dranzunehmen, weil der erste den Auftrag falsch wiedergegeben hat.
  • Schritt 5 ist entbehrlich, weil offensichtlich ist, dass alle Schüler schon nach dem ersten Wiederholen verstanden haben.

Wenn man noch nicht so viel Erfahrung im Stellen von Arbeitsaufträgen hat, ist es durch- aus empfehlenswert, dieses Grundmuster — in der einen oder anderen Variation — auszupro- bieren.

 

  1. Schriftliche Arbeitsaufträge verständlich stellen

Auch bei schriftlich vorformulierten Arbeitsaufträgen gibt es einige typische Anfängerfehler, die sich leicht vermeiden lassen. Wenn Arbeitsaufträge an die Tafel geschrieben werden, ist es grundsätzlich empfehlenswert, im Unterrichtsentwurf eine Skizze von der Tafel vorzu- bereiten, auf der notiert ist, an welcher Stelle und in welcher Größe der Arbeitsauftrag hinge- schrieben werden soll. Andernfalls kann es in der Hektik des Unterrichtens passieren, dass die Beschriftung an einer ungünstigen Stelle landet.

Auch bei der Erläuterung von Arbeitsaufträgen, die auf Arbeitsblättern notiert sind, unter- laufen Berufsanfängern unnötige Fehler. Oft ist es für das Verständnis eines solchen Auftrags zwingend notwendig, dass das auf dem Arbeitsblatt Geschriebene bei der Erläuterung mitge- lesen werden kann. Dazu sollte es zweckmäßiger Weise vorher ausgeteilt sein — das verges- sen aber angehende Lehrer/innen schon mal.

In einem solchen Fall kann es passieren, dass der Lehrer, vorn vor der Tafel stehend, ein klein bedrucktes DIN A4-Arbeitsblatt hoch hält, den — schon für die vorn sitzenden Schü- ler nicht mehr lesbaren — Text vorliest und daran die Aufgabe erläutert.

  • Oder der Lehrer geht herum und teilt jedem Schüler ein Arbeitsblatt aus, beginnt aber un- günstiger Weise bereits während des Austeilens damit, die Aufgabe zu erläutern, so dass nur diejenigen das nachvollziehen können, die das Arbeitsblatt schon vor sich liegen haben. Bei einigen Arbeitsblättern mit mehr Text ist es erforderlich, den Schülern zunächst eine Le- sepause von einer oder mehreren Minuten einzuräumen, bevor sie Erläuterungen überhaupt

verstanden werden können. Berufsanfängern unterschätzen hier gelegentlich den Zeitbedarf. Die 10 nachfolgend porträtierten WBA-Übungen geben Gelegenheit zur Beurteilung von ganz unterschiedlichen Arbeitsaufträgen (in verschiedenen Fächern und Klassenstufen mit und oh- ne Arbeitsblatt /für Einzel-, Partner- und Kleingruppenarbeit).

 

Jeweils drei Fragen sind zu beantworten:
  1. Was – genau – sollen die Schüler nach Erteilung des Arbeitsauftrags tun?
  2. Untersuchen Sie die Formulierung dieses Arbeitsauftrags mit Hilfe der sechs Prüffragen. Falls Sie einzelne Formulierungen ungünstig finden, formulieren Sie diese wörtlich neu.
  3. Untersuchen Sie den Arbeitsauftrag in Hinblick auf die Ratschläge zum Stellen von Arbeitsaufträgen. Falls Sie ein anderes Vorgehen als günstiger ansehen, beschreiben Sie, wie die Lehrkraft anders hätte vorgehen sollen.
  4. Reflektieren Sie kurz, ob und wie Sie diese Videovignetten in Ihre Lehrvernastaltungen einsetzen könnten.